Trudi Gerster: «Grüezi Frau, isch s Esse parat?»

Bevor die Schlotterbeck-Garage umgebaut wird, ist dort ein Brockenhaus zu Gast. Das Angebot ist grösstenteils unbrauchbarer Ramsch, zum Beispiel alte Singles für 1 Franken pro Stück. In diesem eher deprimierenden Angebot fielen mir ein paar alte EP’s mit «Kinder-Märchen» von Trudi Gerster auf. Auf dem Label einer dieser 45-Touren-Platten wird sie vorgestellt als «Die Märchenerzählerin der Landi». Die Umschläge sind sorgfältig und bunt gestaltet, man kann sie aufklappen wie ein Album, und auf der Innenseite sieht man auch ein Foto der «Künstlerin mit ihren eigenen Kindern».

Bildschirmfoto 2014-02-01 um 19.45.57

In den 60er und 70er Jahren war Trudi Gerster jedem Schweizer Kind bekannt. Und auch im Januar 2014, fast ein Jahr nach ihrem Tod, wird sie gewürdigt mit einer Ausstellung im Landesmuseum. So ist denn das «Presseurteil» der «Theaterzeitung» völlig korrekt: «Tausende von strahlenden Kindern werden ihrer auch dann noch gedenken, wenn die Nachwelt andern Mimen ihrer Zeit längst keine Kränze mehr flicht.»

Keine Frage, Trudi Gerster war eine geniale Erzählerin, und sie hat ihre Geschichten clever mit Musik und Soundeffekten ausgestattet. Die Texte sind aus heutiger Sicht teilweise fragwürdig. Zum Beispiel die Geschichte «Vo de drei Bärli». Sie beginnt so: «Tüüf im Wald ine hend emol drei Bäre glebt: En grosse grosse Papibär, en mittelgrosse dicke Mamibär, und en herzige chline Bubibär, wo Ursli gheisse het.» Dann folgt ein Dialog zwischen Papibär und Mamibär: «Grüezi Frau, ischs Esse parat? Wo sind d’ Finke?» – «Hinterem Ofe zum Awärme! I bring ders grad, Papibär, gell.»

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2 Antworten zu Trudi Gerster: «Grüezi Frau, isch s Esse parat?»

  1. Simone schreibt:

    Hallo,

    ich finde an den Texten nichts schlimmes, ich bin auch mit ähnlichen Schallplatten groß geworden und es hat mich nicht unterdrückt oder beleidigt. Ich bin erwachsen geworden und habe keinen Schaden davon getragen, gerade weil meine Eltern mir erklärt haben wie man diese Texte die ich zu hören bekam verstehen kann, ohne mir eine Richtung vorzugeben.
    Heute sollte und muss man diese Text vielleicht als Kinder ihrer Zeit sehen und für Kinder in eine Berzugsrahmen stellen.

    Gruß Simone

  2. Pingback: «Bieten Sie ihm einen bequemen Sessel an» | SILVER TRAIN

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