Wissenschaft hat ein doppeltes Image: Einerseits gelten Wissenschaftler als kauzige Menschen, die in ihrem Elfenbeinturm Dinge verrichten, deren Sinn die meisten Menschen nicht verstehen. Andererseits profitieren wir täglich von raffinierten Erfindungen. Dann gibt es noch einen dritten Aspekt: Forscher, die mit grossem Aufwand völlig irrelevante Zusammenhänge untersuchen.
Diese Woche sind zwei Paradebeispiele publik geworden. Laut der Boulevardzeitung Blick hat eine Studie der Uni Zürich ergeben, dass Bio-Käufer «schlechtere Menschen sind». Mit Tests wollen Psychologen herausgefunden haben, dass Menschen, die Bio-Produkte verzehren, «geizig sind und eher lügen und stehlen» als Konsumenten, die herkömmlich produzierte Lebensmittel bevorzugen. Wie viele Testpersonen mitgemacht haben, gab der Blick nicht bekannt, auch nicht, mit welchen Methoden die Resultate erhoben wurden. Doch für die Boulevardzeitung ist die Studie ein gefundenes Fressen. Ab sofort dürfen alle mit dem Finger auf Bio-Käufer zeigen: Seht, die halten sich für was Besseres, obwohl sie es nicht sind!
Von Psychologen würde ich erwarten, dass sie uns zeigen, wie wir zufriedener und glücklicher werden. Nicht, dass sie versuchen, Vorurteile zu bestätigen. Bio-Produkte werden nicht angepflanzt, damit die Konsumenten zu engelgleichen Wesen werden, wenn sie sie essen, sondern damit weniger Gift in die Umwelt und in unsere Körper gelangt. Darum ist es völlig unerheblich, ob Bio-Käufer mehr oder weniger lügen und stehlen als andere Menschen.
Ein zweites Beispiel für sinnlose Forschung ist die Studie, die beweisen soll, dass Heavy-Metal-Fans «glücklichere Menschen» sind. Eine zweite Studie soll sogar herausgefunden haben, dass Heavy-Metal-Fans «netter, ruhiger und friedlicher» seien als Menschen, die das Gitarrengebratze von Motörhead, Slayer & Co nicht mögen. Da gibt es nur einen möglichen Schluss: Wir alle sollten mehr Heavy Metal hören. Dumm nur, dass diese Art von Musik so monoton und dröhnend daher kommt, dass sie bei den meisten Menschen das Gegenteil der Gefühlslage bewirkt, die die Forscher beschreiben.
Mir scheint es, dass Ihre Kritik hauptsächlich die medialen Verarbeitungen der eigentlichen Studien trifft. So schreiben Sie gewissermassen gegen einen (vom Blick) erschaffenen Strohmann an und behaupten: „Nicht, dass sie [die Psychologen] versuchen, Vorurteile zu bestätigen.“
Dass Sie auch einigermassen bewusst zu diesem Taschenspielertrick greifen offenbart sich in der Linksetzung. Nicht auf dem Wort „Blick“ oder „n24“ liegen die Links, sondern auf dem Wort „Studie“ – dabei führt der Link keineswegs zu irgendeiner Studie, sondern bloss zu (schlechten, reisserischen) Medienerzeugnissen.
Der Artikel wurde nicht von der Blick-Redaktion geschrieben, sondern von der Schweizerischen Depeschenagentur. Problematisch ist nicht die mediale Verarbeitung, sondern die sinnlose Fragestellung, welche die Wissenschaftler „untersucht“ haben.