Auf den Spuren von Spartaco Cadioli in Cremona

Die norditalienische Stadt Cremona hat nicht nur einen fantastischen Dom und eine schöne Altstadt. Es lohnt sich, auch mal das historische Stadtzentrum zu verlassen und einen Spaziergang durch die neueren Viertel im Osten und im Süden der Stadt zu unternehmen. Dort stösst man auf eine Handvoll Bauten, die der Ingenieur und Künstler Spartaco Cadioli in den 1960er Jahren entworfen hat.

Eine davon ist die Casa Gori, ein Wohnhaus mit einer Backsteinfassade an der Via Altobello Melone 8 aus dem Jahr 1960. Man kann darin die moderne Interpretation eines italienischen Palazzo sehen. Auffällig sind die hohen, schmalen Fenster mit den dazugehörigen hölzernen Läden. Sie geben dem Haus starke vertikale Akzente. Auf der Höhe der Böden liess Cadioli auffällige Backsteinmuster in die Fassade einmauern. Neben Backsteinen und Holz setzen weiss gestrichene Gitter zusätzliche Akzente in die Fassade. Die Backsteine sollen von einem Vorgängerbau stammen.

Spaziert man an der Via del Sale zum Po hinab, sticht am Ende der bebauten Zone ein eingeschossiger Bau ins Auge: Das Ristorante Dordoni. Es besteht aus einem grossen Essraum mit einer kleinen Terrasse und einem Annexbau. Das Haus stammt aus dem Jahr 1964.

Ein Treppenaufgang führt auf die Dachterrasse, die mit einem auffälligen gezackten kleineren Dach versehen ist. Eine geniale Erfindung sind die versetzt angeordneten Fenster des Annexbaus, von denen sich immer zwei überschneiden, so dass in der Mitte ein kleines drittes Fenster entsteht. Ein schönes Beispiel für Cadiolis kreatives Talent.

Der dritte Cadioli-Bau, den ich aufsuchte, ist die 1970 gebaute Torrefazione Dordoni an der Via Gaspare Cerioli 2. Das eingeschossige Haus nutzt ein dreieckiges Gelände aus, wobei der Eingang am Spitz des Dreiecks liegt. Die westliche Fassade verläuft geradlinig und fast fensterlos entlang der Via Gaspare Cerioli. Die Nordostfassade ist etwas komplexer gegliedert mit unregelmässigen Vorsprüngen. Das Dach war ursprünglich wie ein Garten mit Büschen bepflanzt und ist vom Nachbarhaus mit einer Brücke zugänglich. Kleine Plastikkuppeln lassen Licht ins Innere.

Von Spartaco Cadioli ist nicht viel bekannt, ausser dass er 1925 in Mantova geboren wurde und sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Cremona niederliess, wo er als Geometer und Stadtingenieur tätig war. Er hat über 15’000 Ex Libris gesammelt, die heute an der Università degli Studi in Milano aufbewahrt werden. Ein vierter Bau ist ein Gebäude für das Haushaltgeschäft Michelotti an der Via Giuseppina 11.

Fotos: Andreas Gossweiler, Dezember 2023

Über agossweiler

Journalist
Dieser Beitrag wurde unter Architektur veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar