Die Dörfer oberhalb Sierre (Lens, Icogne, Chermignon und Montana) hatten lange ein Problem: Die Wasserleitung Bisse du Ro lieferte in Trockenzeiten zuwenig Wasser. Deshalb unternahmen die vier Gemeinden grosse Anstrengungen, um mehr Wasser in die Bisse zu führen. Rund 1000 Höhenmeter oberhalb der Bisse du Ro versuchten die Geteilschaften auf der Plaine Morte neue Quellen anzuzapfen. Die Spuren dieser gewaltigen Anstrengungen sind noch heute gut sichtbar.

Der talseitige Ausgang des Tunnels beim Lac de Huiton
In den 1850er Jahren starteten auf der Plaine Morte umfangreiche Bauarbeiten. Das Ziel war, das Wasser des Lac de Huiton auf 2500 Metern zu fassen und ins Tal der Ertentse zu leiten, um die Wassermenge der Bisse du Ro zu vergrössern. Der Bergsee wird gespiesen vom Schmelzwasser des Plaine-Morte-Gletschers, aber er hat keinen natürlichen Abfluss. Das Wasser des Lac de Huiton versickert unterirdisch. Deshalb baute man einen Tunnel, um das Wasser des Bergsees in die Ertentse zu leiten. Die Bauarbeiten auf der unwirtlichen Hochebene, weitab von der Zivilisation, erwiesen sich als ausserordentlich mühsam. 1859 begannen die Bauunternehmer Bernard und Charles Walz aus dem Piemont – und warfen bald das Handtuch. 1871 wurden die Arbeiten wieder aufgenommen von anderen Bauunternehmen und 1880 abgeschlossen. Das Kernstück der Bauarbeiten bildete ein 300 Meter langer, mannshoher Tunnel, der heute noch intakt ist. Der Tunnel beginnt beim südlichen Ufer des Lac d’Huiton und durchstösst eine Geländekuppe. Von dort floss das Wasser oberirdisch zu einem kleineren Bergsee, dem sogenannten Etang du Président.
Die Tunnelbau-Arbeiten von 1871 erwiesen sich als ungenügend, das Wasser sprudelte nicht im erhofften Ausmass. 1921 stiegen deshalb erneut Bauarbeiter der Firma Bonvin et Tissières auf die Plaine Morte, um drei neue Tunnels zu bauen. Die Arbeiten erstreckten sich bis 1925. Sie umfassten vier Tunnels:
1) Tunnel beim Gletschersee auf 2700 Höhenmetern (Länge 40 Meter)
2) Verbesserung des 1865 gebohrten Tunnels beim Lac de Huiton, Bau eines unterirdischen Reservoirs mit Schieber
3) Bau eines 30 Meter langer Tunnels beim «Rohrbachstein»
4) Bau eines 330 Meter langen Tunnels beim «rocher inférieur»
Diese Bauarbeiten waren erfolgreich, die Tunnels brachten eine Wassermenge von 120 bis 400 Liter pro Sekunde ins Tal der Ertentse.

Die Spuren der alten Bisse de Huiton
Die Tunnels ersetzten eine ältere oberirdische Leitung, die Bisse de Huiton, die an der östlichen Flanke der Plaine Morte entlang führt und das Wasser des Lac de Huiton zur Ertentse führen sollte. Diese Leitung war undicht und brachte nie die gewünschte Wassermenge zur Ertentse, deshalb war der Bau der Tunnels nötig. Heute verläuft ein Wanderweg auf dem Trassee der Bisse de Huiton.
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- Reste der alten Bisse de Huiton
- Alte Stützmauer der Bisse de Huiton
- Bisse de Huiton
- Links Bisse de Huiton, rechts Etang du Président mit Tunnel
- Lac de Huiton
- Oberer Tunneleingang beim Lac de Huiton
- Spuren des Tunnelbaus beim Lac de Huiton
- Tunnel beim Lac de Huiton
- Unterer Tunnelausgang beim Lac de Huiton
- Im Tunnel beim Lac de Huiton
- Grab für einen verstorbenen Tunnelbauarbeiter
- Ruine des Sprengstoff-Depots der Tunnelbauer
- Ruine des Wohnhauses der Tunnelbauarbeiter
- Etant du Président mit Tunneleingang
- Tunneleingang beim Etang du Président
- Im Tunnel beim Etant du Président
- Tunnel beim Etang du Président
- Unterer Tunnelausgang beim Etang du Président
Fotos: Andreas Gossweiler
Literatur
Martin Barras: «Les bisses de l’Ancien Lens», Editions à la Carte 2006
Pascal Rey: «Le cimetière d’Huiton», L’Encoche 2015
http://www.lens.ch «Bisses de Lens»