
Von Bergamo aus erschlossen zwei normalspurige Bahnlinien die Alpentäler im Norden und Nordosten der Stadt: Die Ferrovia della Valle Brembana brachte Kurgäste in den damals mondänen Thermalbadeort San Pellegrino. Und die Ferrovia della Valle Seriana erschloss das stark industrialisierte Tal des Serio-Flusses. Beide Linien wurden 1966 und 1967 stillgelegt. Die Bahntrassen wurden in den letzten Jahren in schöne Velowege umgebaut, wo das noch möglich war. Auf diesen Velowegen kann man genussvoll die Täler der Bergamasker Alpen kennen lernen.
Die «Ciclovia Ferrovia Valle Brembana» beginnt beim Dörfchen Sombreno unweit der gleichnamigen Wallfahrtskirche. Von Bergamo aus erreicht man Sombreno über einen anderen Veloweg, der jedoch nicht auf der alten Bahntrasse verläuft. Mit einem deutlich wahrnehmbaren Gefälle erreicht der Veloweg den Brembo-Fluss, dem er bis kurz vor der Endstation folgen wird. Nördlich des Dorfes Villa d’Almè verlässt der Veloweg die Agglomeration von Bergamo und fädelt sich in das enge Brembo-Tal ein. Die kühle Luft in den vielen Tunnels ist in der heissen Jahreszeit besonders angenehm. Spektakulär ist die Brücke über den Brembo zwischen den alten Bahnhöfen von Sedrina und Brembilla-Grotte: Direkt über der Bahnbrücke wölbt sich eine mittelalterliche Strassenbrücke. Nach Zogno und Ambria erreichen wir San Pellegrino, wo die Linie hinter dem monumentalen Grand Hotel verläuft. Durch eine enge Schlucht erreicht die Velopiste Lenna. Von hier aus steigt die Linie mit einer eleganten 180-Grad-Kurve zur Endstation beim Bergdorf Piazza Brembana auf. Besonders schön ist, dass alle Bahnhofsgebäude der alten Bahnlinie erhalten geblieben sind, in verschiedenen Zuständen von halb verfallen bis frisch renoviert. Für eine Nebenlinie sind diese Bahnhöfe aussergewöhnlich sorgfältig und geschmackvoll gestaltet, der Entwurf stammte vom Jugendstilarchitekten Romolo Squadrelli, der gleichzeitig auch das Grand Hotel in San Pellegrino baute.

Die Ferrovia della Valle Seriana begann in Bergamo direkt neben der Brembana-Linie. Diese Linie wurde teilweise wieder reaktiviert: Seit 2009 fährt jede Viertelstunde ein leuchtend gelbes Tram nach Albino. Es eignet sich gut, um das Velo bis zur heutigen Endstation Albino zu verladen. Von Albino bis Vertova ist das Bahntrassee teilweise überbaut und deshalb nicht mit dem Velo befahrbar. Zwar gibt es einen Veloweg von Albino nach Vertova, doch ist dieser an zwei Stellen unterbrochen (Stand Frühling 2022), deshalb kann man gleich die (viel befahrene) Autostrasse nehmen, man landet früher oder später sowieso auf dieser Strasse. In Vertova beginnt die «Pista ciclabile Valle Seriana», ab hier kann man auf der alten Bahnlinie radeln. Am nördlichen Dorfausgang von Vertova, beim alten Touring-Hotel, zweigt der Veloweg von der Strasse ab und verläuft ab hier direkt neben dem Serio-Fluss. Nach Ponte Nossa verlässt die Linie das Serio-Tal und steigt steil in Richtung Clusone an, dem früheren Endpunkt der Seriana-Bahnlinie.















Fotos: Andreas Gossweiler

Rote Linien = Veloweg auf der alten Bahntrasse
Schwarze Linien = Bahntrasse ohne Veloweg