
Die neue Hängebrücke an der Bisse du Ro
Die Bisse du Ro war eine der spektakulärsten Walliser Wasserleitungen. Sie ist seit dem 14. Jahrhundert dokumentiert. Diese Leitung zeigt eindrücklich, welche grossen Mühen die Walliser Bauern auf sich nahmen, um Wasser auf ihre Wiesen zu leiten. Die Bisse du Ro zapfte das Wasser der Ertentse auf rund 1700 Höhenmetern ab und leitete es nach Montana, Chermignon, Lens und Icogne. Bis dahin floss das Wasser durch Holzkanäle entlang steiler Abhänge und durch überhängende Felswände. 1947 wurde die Bisse du Ro aufgelassen, seither fliesst das Wasser durch einen Tunnel. Doch der schwindelerregende Weg entlang der früheren Wasserleitung wurde zur Touristenattraktion von Crans-Montana.
Im Lauf der Zeit wurde der Pfad immer komfortabler ausgebaut. Im vorderen Teil baute man vor ein paar Jahren breite Holzpasserellen ein. Diese sind jetzt zwar so sicher wie ein Spaziergang auf der Zürcher Bahnhofstrase, doch optisch haben sie nichts mehr zu tun mit der früheren Wasserleitung. Im hinteren Teil der Bisse du Ro war die von der Tourismusdestination Crans-Montana angestrebte Sanierung schwieriger. Dort wand sich bis vor kurzem ein schmaler Pfad durch die Felsen. Im Juni 2020 wurde an dieser Stelle eine 120 Meter lange, luftige Hängebrücke fertiggestellt. Damit ist die Bisse du Ro für alle bequem begehbar. Musste die Passerelle sein? Ich weiss es nicht. Für eine weltbekannte Tourismusdestination ist die Passerelle wohl notwendig. Der frühere Weg war abenteuerlicher, aber die Hängebrücke ist auch eine attraktive Sache, auch wenn damit ein weiteres Stück der alten Wasserleitung verloren geht.

Nur für Hartgesottene: der alte Weg entlang der Bisse du Ro vor dem Bau der Passerelle
Fotos: Andreas Gossweiler
Ich finde es auch schade aber verständlich. Wenn man die Suone der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen will, geht Sicherheit vor. Es ist immer ein Spagat.