Gainsbourg und Apollinaire

Zum 25. Todestag des französischen Musikers Serge Gainsbourg sind eine Menge Bücher herausgekommen. «Passionnément Gainsbourg», geschrieben von der Literaturwissenschaftlerin Karin Hann, nähert sich dem Monument der französischen Musikszene über die Texte. Hanns These: Gainsbourg war ein «poète maudit» in der Tradition der berühmten Dichter Verlaine, Rimbaud und Baudelaire.

In ihrem Buch zeichnet sie diese Verbindungen mit viel Detailkenntnis nach.Das ist eine sehr gute Idee. Denn wenn Gainsbourg populär wurde mit spektakulären Provokationen wie dem Verbrennen einer 500-Francs-Note am Fernsehen, so lag sein grösstes Talent im Textschreiben. In dieser Hinsicht hat er eine ähnliche Position wie Dylan in der US-Musikszene.

Die Literatur des 19. Jahrhunderts als Steinbruch und Inspirationsquelle: Karin Hann hat zahlreiche Beispiele aufgespürt. Eines davon ist der Song «Harley Davidson», den Brigitte Bardot 1967 kongenial sang:

«Quand je sens en chemin / les trépidations de ma machine / Il me monte des désirs / dans le creux de mes reins»

Als er den Song schrieb, liess sich Gainsbourg stark inspirieren von einem Gedicht von Alphonse Allais, das der Schriftsteller Guillaume Apollinaire in seinem Roman «Onze Mille Verges» zitierte:

«La trépidation excitante des trains / nous glisse des désirs dans la moelle des reins»

In der Zeitspanne von 100 Jahren wurde aus der «trépidation» des Zugfahrens diejenige einer Harley-Maschine. Eine faszinierende Parallele.

Karin Hann: «Passionnément Gainsbourg», Editions du Rocher 2016

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