Internet-Dating behindert das Entstehen von romantischen Gefühlen, schrieb die Soziologin Eva Illouz vor zwei Jahren. Denn statt sich zu überlegen, zu welchen Bedingungen wir bereit sind, eine Beziehung mit einer anderen Person aufzunehmen, klicke man scheinbar unpassende Profile vorschnell weg.
In eine ähnliche Kerbe schlägt der slowenische Philosoph und Psychologe Slavoj Žižek in seinem neuen Buch «Was ist ein Ereignis». Seine Kritik des Internet-Datings geht aber einen Schritt weiter. Laut Zizek geht das ganze Matching-Business von einer falschen Voraussetzung aus – nämlich, dass man genau wisse, welche Art von Partner man braucht und dass man deshalb nur eine Person mit den entsprechenden Attributen suchen müsse, um glücklich zu werden. Falsch, sagt der Philosoph: «Wenn man sich verliebt, weiss man noch gar nicht, was man braucht. Das „Wunder“ der Liebe besteht darin, das man erst herausfindet, was man braucht, wenn man es gefunden hat.»
Unter Bezug auf den französischen Philosophen Alain Badiou vergleicht Zizek das Internet-Dating mit arrangierten Ehen: «In beiden Fällen ist das Risiko aufgehoben, sich zu verlieben. Es gibt keinen zufälligen Fall (im Sinne von: to fall in love), das Risiko einer „Liebesbegegnung“ wird durch vorherige Arrangements minimiert.»
Die «Gewalt des Verliebens» kommt Zizek zufolge auch im baskischen Ausdruck für das Phänomens des Sich-Verliebens zum Ausdruck: Das baskische Wort «maitemindu» bedeutet wörtlich übersetzt«durch die Liebe geschädigt».
Slavoj Žižek: Was ist ein Ereignis? S. Fischer Verlag, 2014