Soziale Medien machen unglücklich

Wenn sich zwei Menschen begegnen und miteinander sprechen, dann verhalten sich die Menschen meistens anständig und freundlich. Es gibt ein viele Verhaltensregeln, die gewährleisten, dass sich niemand vor den Kopf gestossen fühlt. Das beginnt damit, dass man sich begrüsst, die Hand gibt und so weiter. Wer absichtlich gegen diese Regeln verstösst, gilt als ungehobelt.

Doch bei Interaktionen in sogenannten  sozialen Medien wie Twitter und Facebook herrscht oft ein anderes Klima. Das merken alle, die sich eine Zeitlang in solchen Kanälen bewegen. «Individuals are likely to deal with strangers in a more aggressive and unscrupulous way than they would in a physical meeting», schreiben die beiden italienischen Sozialforscher Fabio Sabatini und Francesco Sarracino. Die Forscher haben grosse Unterschiede zwischen Online-Konversationen und Begegnungen im «richtigen Leben» festgestellt: «In physical interactions, we usually think twice before insulting a person who politely expresses an opposing view. In online interactions, dealing with strangers who advance opposite views in an aggressive and insulting way seems to be a widespread practice, whatever the topic of discussion is.»

Für den harten Diskussionsstil in Online-Foren gibt es einen einleuchtenden Grund laut den Forschern: «These platforms, in fact, create rooms for discussion in which selection mechanisms are weak or absent, differently from what happens in face-to-face-interactions where we usually select a narrow circle of well-known friends and acquaintances to discuss political and moral issues.»

Die beiden Forscher haben untersucht, wie sich die Teilnahme an Diskussionen bei Kanälen wie Twitter und Facebook auf die seelische Befindlichkeit auswirkt. Zu diesem Zweck haben sie Daten von Umfragen des Istituto nazionale di statistica ausgewertet. Sie verglichen die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit der Benützung von sozialen Medien. Und sie fanden heraus: Soziale Medien führen dazu, dass sich Menschen unzufrieden und unglücklich fühlen. Die Forscher erklären das so: «Unfriendly internet-mediated communication with strangers may be an important channel of destruction of social trust.»

Unter «social trust» verstehen die Forscher das Vertrauen darin, dass sich andere Menschen so verhalten, wie man das ungefähr erwarten würde.   Die sozialen Medien beschädigen dieses Vertrauen, erklären Sabatini und Sarracino. Denn wenn man in einem Online-Forum seine Meinung darstellt, würde man nicht erwarten, beleidigt zu werden, weil man dies im «wirklichen Leben» auch nicht erwartet. Und das hat Folgen: «Online networking exposes individuals to the risk of worsening people’s trust in others and therefore people’s life satisfaction.» Betroffen seien vor allem Frauen und Angehörige von Minderheiten.

Aus ihren Beobachtungen leiten die Forscher eine Forderung an die Betreiber von Online-Foren ab: «The finding suggests the need to update social networking sites‘ policies against hate speech and aggressive behaviors.»

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