Der gute Europäer

Er sei «vielleicht kein guter Deutscher, aber ein guter Europäer», schrieb Friedrich Nietzsche 1886. Eine interessante Figur, der gute Europäer. Vor allem, weil Europa heute, fast 130 Jahre später, nicht überall ein gutes Image hat: Konservative sehen die EU als Bürokratiemonster, das alles normieren und kulturelle Eigenheiten nivellieren möchte.

Nietzsche beschrieb den «guten Europäer» als «heimatlosen Wanderer», der «verlernt» habe, sein Volk zu lieben – «weil er viele Völker liebt.» Das finde ich nochmals spannend: die Aktivität des Verlernens. Dieses Tätigkeitswort zeigt sehr schön den Unterschied zwischen Nationalisten und «guten Europäern» (wenn das Vergessen eine Aktivität ist, wie der französische Soziologe Marc Augé meint, dann gilt das auch für das Verlernen). Patriotische Gefühle lassen die «guten Europäer» einigermassen ratlos. Denn wer gerne reist und «viele Völker sah», kennt das Gefühl der Überlegenheit gar nicht mehr, das Nationalisten befeuert.

Buchtipp: Rüdiger Schmidt / Cord Spreckelsen: «Nietzsche für Anfänger», Deutscher Taschenbuch Verlag

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