Watson foult Konkurrenten

Unter dem Titel «21 coole Internet-Tricks» zeigt das Gratis-Boulevard-Newsportal Watson auch, wie Medienkonsumenten Paywalls überlisten können. «So lesen Sie trotz Bezahlschranke unendlich Online-Artikel», erklärt Watson-Schreiber Oliver Wietlisbach. Ich finde das nicht cool, sondern unfair und unkollegial. Zwar ist Watson ein Gratisportal. Wie sich das auf die Dauer rechnet, weiss vermutlich nur Gründer Hansi Voigt. Vielleicht weiss nicht mal er es genau. Finanziert wird Watson unter anderem durch die andernorts verpönte Vermischung von redaktionellem Gehalt und Werbung (Watson nennt das «native advertising»). Jedenfalls erwarte ich von Mitarbeitern von Gratisportalen, dass sie einen Funken Verständnis haben für die Mechanismen der Medienproduktion. Paywalls wurden nicht zum Spass montiert, sondern weil die rentable Produktion von anspruchsvollen Medienangeboten nicht möglich ist ohne faire Bezahlung seitens der Konsumenten. Wenn Watson zeigt, wie man Paywalls austricksen kann, ist das ein Beitrag zur finanziellen Schwächung von Qualitätsmedien. Das ist, wenn es von einem Gratisportal verbreitet wird, wirtschaftlich gesehen ein Foul an Konkurrenten. Und wenn es von einem Journalisten wie Oliver Wietlisbach geschrieben wird, ist es höchst unkollegial gegenüber Berufskollegen, die für Medien arbeiten, die nicht als Gratisportale konzipiert werden. Mit dieser Anleitung für mediale Zechprellerei positioniert sich Watson nicht als seriöses Medienangebot, sondern als Erfüllungsgehilfen von Leuten, die Leistungen in Anspruch nehmen wollen, ohne dafür zu zahlen.

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