Tim Renner und «die Wahrheit über die Popindustrie»

Tim Renner verspricht nichts weniger als «Die Wahrheit über die Popindustrie». Das steht auf der Titelseite seines neuen Buches. In den ersten Kapiteln gibt der Musikmanager Renner Ratschläge für junge Musiker/innen. Die Ratschläge klingen teils etwas onkelhaft – so rät er, auf Gruppenfotos müsse der Sänger immer im Vordergrund stehen: «Die Mitglieder von U2 wissen, dass die Band niemals so erfolgreich gewesen wäre, wenn plötzlich Drummer Larry Mullen oder Bassist Adam Clayton angefangen hätten, sich aufzuspielen oder wichtig zu tun.»

Dabei fiel mir der Sketch von Alan Partridge ein, der eine Freundin beeindrucken wollte, indem er smalltalkte mit einem etwas zu fetten Bono-Vox-Double, das er zuvor extra für den Anlass engagiert hatte: «How’s The Edge?» – «The Edge is fine.» – «How’s Adam Clayton?» – «Adam Clayton is fine.» – «How’s… er, the Drummer?» – «The Drummer is fine.»

Am Schluss von Tim Renners Buch wird es spannender. Er erzählt die Story des Schweizer Musikmanagers Shigs Amemiya, der sich vor zwei Jahren mit dem Branchenverband IFPI anlegte, weil der Branchenverband Downloads nicht für die Hitparade berücksichtigen wollte.

Eine Lösung für die Zukunft der Musikindustrie kennt allerdings auch Tim Renner nicht. Er lobt Amanda Palmer und The Bianca Story (die Geld für ein neues Album via Kickstarter sammelten) und die Heavy-Metal-Band Metallica, deren Fans all ihre Songs bei Spotify gratis hören können. Aber ob dieses Geschäftsmodell für die Mehrzahl der Musiker/innen umsetzbar ist, weiss auch Tim Renner nicht.

Der Spiegel schrieb in einer Rezension, die Musikindustrie funktioniere wieder, weil sie «die Logik der digitalen Netze akzeptiere» und «gelernt habe, mit dem Kontrollverlust umzugehen». Auch das ist die halbe Wahrheit. Denn bevor die Musikindustrie begann, kostenpflichtige Downloads und Streaming-Dienste anzubieten, sorgte sie energisch dafür, dass Raubkopier-Angebote wie Napster dicht machen mussten.

Tim Renner / Sarah Wächter: «Wir hatten Sex in den Trümmern und träumten», Berlin Verlag 2013

Über agossweiler

Journalist
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