«Ikone eines aufgescheuchten Berufsstandes» war eine der freundlicheren Bezeichnungen, die mir zuteil wurde von internet-begeisterten Bloggern und IT-Unternehmern, seit ich mich an Debatten um Medien und Internet beteilige. Einer, der auf solche Schmähungen verzichtet, ist Philipp Meier. Das macht die Diskussion mit ihm angenehm und anregend. Meier arbeitete bisher als Gärtner, Klubkurator und Direktor des Dada-Museums. Ab nächstem Jahr ist er «Social Media Editor, Community Redaktor und Content Curator» (kann man das nicht deutsch sagen?) beim neuen Newsportal «Watson».
Philipp Meier schrieb einen längeren Kommentar zu meinem Artikel über GIF’s. Ich möchte hier Stellung nehmen zu Meiers Kommentar, denn er enthält in dichter Form einige Missverständnisse zur Medienwelt, die von der eingangs erwähnten Gruppe der internet-begeisterten Blogger und IT-Unternehmer (zu der auch Meier gehört) immer wieder verbreitet werden.
Meier schreibt: «GIF’s sind ein kleines modulares Instrument, um künftig (journalistische) Geschichten zu erzählen (zu helfen).» Dazu ist zu sagen: Der Informationsgehalt eines GIF ist jämmerlich gering. Eine Geschichte kann man damit nicht erzählen. GIF eignen sich, um Leute zu zerstreuen, nicht, um sie zum Denken anzuregen.
Meier schreibt auch: «Was online gefragt ist, ist “trial and error” (v.a. weil hier kommuniziert und nicht gesendet wird).» Das ist keine Eigenheit von Online-Medien. Auch die von den online-begeisterten Bloggern und IT-Unternehmern lustvoll geschmähten Printmedien führen seit eh und je einen Dialog mit Leserinnen und Lesern. Die rufen auf die Redaktion an, schreiben Leserbriefe und Mails. Das «Kommunizieren» ist mitnichten eine Erfindung der Onliner. Mag sein, dass ein Kommentarfeld am Ende des Artikels das Kommunizieren schneller macht. Das ist aber nicht unbedingt ein Vorteil, wie die vielen Schrott-Kommentare mit rassistischem Gehalt bei Online-Medien zeigen.
Meier schreibt weiter: «Aus unzähligen neuen Instrumenten, Werkzeugen, Vermittlungshilfen, Storyboards, Informationskanälen, Crowd sourcings, etc.pp. wird aktuell das geformt und gebildet, was möglicherweise der zukünftige Journalismus sein wird.» Mit Verlaub, das ist Wortgeklingel. Journalismus hat heute und auch in Zukunft eine klar definierte Aufgabe: Informationen zu vermitteln. Auch der zukünftige Journalismus, von dem Meier schwärmt, wird das Rad nicht neu erfinden, weil das gar nicht nötig ist. Verschiedene Kommunikationsmittel haben verschiedene Vor- und Nachteile. So eignet sich ein Text am besten dazu, um komplexe Informationen zu vermitteln. Hingegen zeigt ein Bild oder ein Film besser sinnliche Eindrücke. Wer hingegen in einen Text möglichst viele GIF’s einstreut, trägt dazu bei, dass die Leser abgelenkt werden von der Aufgabe des Texts, Informationen zu vermitteln.
In einer Klammerbemerkung schreibt Meier zudem, der «zukünftige Journalismus» heisse vielleicht gar nicht mehr Journalismus, weil er «schlicht und einfach nicht mehr viel mit Print-/Radio-/TV-Journalismus gemein haben wird». Das klingt abenteuerlich, aber auch sehr vage. Bevor ich Philipp Meier das abkaufe, möchte ich gerne ein Beispiel sehen für diesen neuen Journalismus, der angeblich ganz anders sein wird als das, was wir kennen. Ein paar GIF’s reichen bei weitem nicht, um diesen grossspurigen Anspruch zu belegen.
Zum Schluss schreibt Meier: «Ich mag es nun mal nicht, zu den Wahrenden und Warnenden zu zählen.» Das klingt flott, gehört aber zur Sorte der Polemik, die wenig Erkenntnisse bringt. Wer sich von den «Wahrenden und Warnenden» abheben will, möchte sich als progressiv darstellen. Doch sollte man bei aller Begeisterung für Neues auch unbedingt beachten, welche Werte auf dem Spiel stehen. Als Journalist bin ich überzeugt davon, dass sorgfältig recherchierte Artikel zu kontroversen Themen wichtig sind für die Information der Stimmbürger/innen und Konsument/innen. Doch weil die Finanzierung von Medien, die solche Recherchen ermöglichen, immer schwieriger wird, ist diese wichtige Funktion der Medien in Gefahr. Wer darauf hinweist, gehört mitnichten in die Ecke der Konservativen und Ängstlichen, wie Meier insinuiert. Vielmehr geht es darum, in der Epoche der zunehmenden Bedeutung des Internets mit vollem Elan und voller Energie Wege zu finden, um die wichtige Funktion der recherchierenden Medien zu erhalten.