Anfang der 1980er Jahre verwendete ich eine alte Nikon-Spiegelreflexkamera zum Fotografieren. Die Fotos vergrösserte ich in der Dunkelkammer. Das machte Spass. In der dunklen Kellerkammer vermischte sich der harzig-teerige Geruch des Entwicklerbades mit dem sauren Aroma des Stoppbades. Ganz am Anfang konnte ich einen Restposten alten Agfa-Fotopapiers verwenden. Das war nicht plastifiziert wie das Ilford-Zeug, sondern richtiges Fotopapier, bestehend nur aus Papier und der Silberschicht. Es bräuchte einen Profi, um den Unterschied zu erklären. Für mich ist klar: Nie sahen meine Fotos besser aus als auf dem alten Agfa-Papier.
Im Herbst 1981, vielleicht war es 1982, machte ich einen Ausflug nach Brunnen und Morschach am Vierwaldstättersee. Dort gab es damals noch stillgelegte Grand Hotels, fantastische Hotelkästen, die einen wehmütigen Abglanz der Belle Epoque verströmten. Das Grand Hotel in Brunnen diente nur noch als Ferienheim für belgische Kinder. Das Hotel auf dem Axenstein oberhalb Morschach war ganz leer. Rund um das Axenstein-Hotel befand sich ein fantastischer Park mit einer super Aussicht auf den Vierwaldstättersee.
Ich machte damals in Morschach und Brunnen einige Fotos mit der Nikon-Kamera und vergrösserte sie auf Agfa-Papier. Ein paar Jahre später warf ich die Fotos weg, zusammen mit einigen hundert anderen Fotos. Die Fotos der alten Hotelkästen erschienen mir zu rückwärtsgewandt und zu melancholisch. Ich wollte aus dem Kult der Vergangenheit ausbrechen.
Noch ein paar Jahre später bereute ich, dass ich die Fotos weggeworfen hatte. Fast foward: Kürzlich kamen ein paar der Fotos wieder ans Tageslicht, dreissig Jahre, nachdem ich sie geknipst und vergrössert hatte. Die Hotels stehen immer noch, man könnte sie immer noch fotografieren. Doch inzwischen wurde alles renoviert und frisch angestrichen. Die melancholische Stimmung, die ich in Brunnen und Morschach anfangs der 1980er Jahre eingefangen hatte, ist weg. Der Axenstein-Park existiert noch, ist aber abgesperrt.
Fotos: Andreas Gossweiler
Sehr schön, als ich vor ein paar Jahren mit meiner Partnerin von Zürich nach Biasca gewandert bin, sind wir auch via Brunnen nach Morschach hoch und haben dann dort oben Übernachtet. Allerdings war das eher so eine Art Sport-Hotel Ressort. Das Hotel auf dem Axenstein habe ich verpasst. Aber die Wanderung danach, nach Altdorf war auch eindrücklich.
Verpasst, ja – aber nicht unbedingt räumlich, sondern vor allem zeitlich: die Atmosphäre ist nicht mehr die gleiche. Heute ist alles musealisiert und denkmalgepflegt. Auch der Pavillon des Dancing Fronalp in Morschach ist weg, wo man früher an lauen Sommerabenden open air tanzen konnte. Der Pavillon war für die Denkmalpflege wohl zuwenig interessant. Aber das wird das Thema eines anderen Blogposts sein.