Wollkleid für Hans Ernis Minotaurus

Der erste Text des Silver Train-Blogs war vor einem Jahr dem PALP-Kulturfestival in Martigny gewidmet. Auch dieses Jahr gibt es Spannendes vom PALP zu berichten. Wiederum wurde fleissig gestrickt – diesmal von der polnisch-amerikanischen Künstlerin Agata Olek. Sie hat am 3. August eine Plastik von Hans Erni mit einer bunten Wollhülle versehen. Die Plastik namens «Minotaurus» steht in einem Kreisel in Martigny. Eines von vierzehn Kunstwerken, die die Kreisel der Walliser Stadt schmücken. Der Stiermensch ist zum Wahrzeichen geworden: Es gibt auch einen Baseballklub namens «Martigny Minotaures». Der Walliser Zeitung «Le Nouvelliste» sagte Agata Olek: «Wenn die Leute eine veränderte Plastik sehen, wie der Minotaurus, gibt ihnen das eine neue Sichtweise, es verändert die Gewohnheiten. Und ich hoffe, dass sie dies inspiriert, etwas in ihrem Leben zu verändern.»

Die Kunstaktion war kurzlebig: Noch am gleichen Abend stand der Minotaurus wieder ohne sein buntes Wollkleid da – zur Überraschung der Festivalbesucher. Schade. Es ist nicht genau bekannt, warum der schöne Wollüberzug so schnell wieder weg musste. Die PALP-Organisatoren sprechen von einem «Happening». Zwar muss der Minotaurus bei den herrschenden Backofentemperaturen auch ohne Wollkleid nicht frieren. Aber die gekonnte Intervention der Künstlerin Agata Olek hätte es verdient, ein bisschen länger sichtbar zu sein. Es wäre interessant, zu wissen, wer die Entfernung der Wollhülle anordnete, und aus welchen Gründen. Es scheint, dass die «neue Sichtweise», die Agata Olek ermöglichte, nicht überall auf Anklang stiess.

Fotos: Andreas Gossweiler / Agata Olek