Ein astreines Plagiat

Dank der Bloggerin Fatima Vidal konnte ich heute eine Bildungslücke schliessen und hörte zum ersten Mal ein Lied von Francine Jordi: «Träne», ein Duett mit Florian Ast. Der aktuelle Anlass: Fatima Vidal hat das Video in ihrem Blog gepostet, weil sich Jordi und Ast getrennt haben, angeblich wegen eines Seitensprungs des letzteren. Was gibt es zum Lied zu sagen? Florian Ast beansprucht das Copyright für Text und Melodie. Der Text ist grösstenteils wenig originell, es werden «Träne» und «Gfüehu» besungen und schlaflose Nächte. Die üblichen kleinbürgerlichen Emotionen eben. Nur die Zeile «Säg mir Herrgott, bruchsch e Brülle, bruchsch es Hörgrät, ghörsch mi nid» hat einen gewagt-trashigen Beigeschmack.

Die Melodie ist schön, auch wenn Florian Ast sie in sülzigen Streichern ertränkt hat, und Francine Jordi hat eine starke Stimme. Nur: Die Melodie stammt in Tat und Wahrheit nicht von Florian Ast. Es ist – entschuldigen Sie das Wortspiel – ein astreines Plagiat. Florian Ast hat die Melodie der Strophe praktisch 1 : 1 vom Volkslied «Stets i Truure» abgekupfert. Viele Sängerinnen und Sänger haben «Stets i Truure» aufgenommen, am bekanntesten sind die Versionen der Gruppen Familie Trüeb und Rumpelstilz. Vergleichen Sie selbst:

Der Text des Originallieds hats in sich: «Will my Schatz isch untreu worde, muess i’s liide mit Geduld.» Passt überraschend zum traurigen Schicksal des helvetischen Traumpärchens. Da drängt sich das Fazit auf: «Eine unsterbliche Melodie scheint über dem Sterben dieser Liebe zu liegen.» Nein, das habe nicht ich erfunden, der Satz stammt von Simone Meier. Sie meinte ein anderes Lied (eines von Rio Reiser: «Es ist vorbei, bye-bye Junimond»). Aber der Satz passt genau so gut oder noch besser zu «Stets i Truure».

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2 Antworten zu Ein astreines Plagiat

  1. Andreas Von Gunten schreibt:

    hehe, schön zu sehen, dass auch die alten Profis nicht soooo astrein singen 🙂 das war damals immer ein bisschen ein Angstmoment, wenn wir bei Familie Trüeb zum Steets i Truure angesetzt haben 🙂

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