Das Dilemma der Liebesbeziehungen

Besonders faszinierend finde ich den Abschnitt «Leibliches Denken» in Paul Valérys Cahiers (bezw. in der deutsch übersetzten Zusammenfassung «Ich grase meine Gehirnwiese ab»). Darin schreibt Valéry so spannende Sachen wie: «Das Denken ist ernsthaft allein durch den Körper.» Auch das Dilemma der Liebesbeziehungen bringt der Philosoph auf den Punkt:

«Wenn die Liebenden sich vereinen, so nur dadurch, dass sie sich verformen, verstümmeln, das meiste von dem weglassen, was sie sind. Dieser Rest ist es, der schliesslich wieder aufkommt und sie voneinander löst.»

Die meisten Menschen machen diese Erfahrung früher oder später, aber die wenigsten wären in der Lage, sie so präzis zu beschreiben. Der nächste Satz wirkt vergleichsweise vage:

«Doch nun geht es darum, sich zu vereinen in der Suche nach sich selbst, in der Verfolgung von Umriss oder Gestalt des eigenen Wesens, man pocht an die Pforten des Erkennbaren.»

Paul Valéry: «Ich grase meine Gehirnwiese ab», Eichborn 2011

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