Magnolias forever

Mitten in meinen Ferien, also genau rechtzeitig, kam in Frankreich der Film «Cloclo» heraus. In zweieinhalb Stunden erzählt der Film das Leben des französischen Sängers Claude François. Seine Fans nennen ihn heute immer noch «Cloclo». In der Deutschschweiz ist er kaum bekannt, in Frankreich ist er ein Monument.

OK, die «Libération» mag ihn nicht. Sie schrieb in der Filmbesprechung, Claude François habe seinerzeit angesichts des «défilé d’horreurs» namens Michel Sardou, Sheila, Serge Lama & Co keine Mühe gehabt, sich als «weniger spiessig als der Durchschnitt» zu präsentieren. Das stimmt vermutlich schon. Bei uns würde einer wie Claude François als Schlagersänger bezeichnet. Doch in Frankreich gibt es keine Schlager, und es gibt auch nicht das Gegenteil, nämlich Rock – es gab in Frankreich seit jeher nur Chansons.

Immerhin hatte Claude François einen schlauen Impresario. Der schickte ihn in den frühen 60er Jahren in ein Konzert von Johnny Halliday. Damit ihm klar werde, wie zeitgemässe Musik klingen muss, die sich gut verkauft. Die Version des amerikanischen Liedguts, die Claude François fortan unter die Leute brachte, roch weniger nach Schweiss als jene von Johnny. Authentizität gehörte nicht zu den Spezialitäten von Claude François. Das macht der Film deutlich. Um seine Karriere zu fördern, ging François sogar so weit, einen Zusammenbruch auf der Bühne zu mimen.

Doch unter allen Pailletten sang doch Claude François auf seine Art doch eigentlich auch den Blues. Seine Stimme hat unbestreitbar etwas Melancholisches. Und er sang auch tief melancholische Outsider-Balladen wie «Le mal aimé». So dass ich längere Zeit, in Unkenntnis der Fakten, angenommen hatte, Claude François habe 1978 Suizid begangen. Ich war fast ein bisschen enttäuscht, als ich erfuhr, dass es ein banaler Unfall mit einer defekten Lampe im Badezimmer war.

Um der Welt die Bedeutung von Claude François als Sänger, Komponist und Unternehmer klar zu machen, spart der Film nicht mit Superlativen: 60 Millionen Platten verkauft, das bekannteste Lied aller Zeiten komponiert («Comme d’habitude», besser bekannt mit englischem Text als «My Way»). Ob das stimmt, ist mir egal. Es ist ja nicht verboten, sich trotz der Ironie der «Libération» zu erfreuen an gekonnt produzierten und bewegend gesungenen unsterblichen Liedern wie «Lundi au Soleil» oder «Alexandrie Alexandra», «Magnolias forever» usw.

Update 8.8. 2013 Mit anderthalb Jahren Verspätung ist der Film «Cloclo» jetzt endlich auch in Zürich zu sehen – im Kino Movie, täglich um 14:45 und 20:15 Uhr.

Foto: Andreas Gossweiler

Über agossweiler

Journalist
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Eine Antwort zu Magnolias forever

  1. Noir schreibt:

    I watched it (2x) yesterday on a SWISS flight from Zürich to NY. His life, with all its sadness is compelling. The film is excellent.

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